Sampler Färberpflanzen - Museen und Kulturgut - Teil 1
Blumen als Färbemittel von Garn und Stoff
Zu diesem Sampler wurde ich bei einer Besichtigung des Textilmuseums in Cholet angeregt. Neben den Ausstellungsräumen, die über Geschichte und Herstellung der berühmten roten Taschentücher ausführliche Informationen liefern, verfügt das Museum über einen kleinen Kräutergarten mit Pflanzen, die zum Färben von Garnen und Stoffen verwendet wurden oder noch werden. Der Zusammenhang zwischen Blumen und Textilien lag hier auf der Hand. Wie bei jedem Thema aus der Kollektion Museen und Kulturgut behaupte ich nicht, das weite Feld der Färberpflanzen hier ausführlich und umfassend behandelt zu haben. Auch wenn ich sorgfältig und gründlich recherchiert habe, ist meine Darstellung rein subjektiv. Ästhetische Komponente wie Farbe und Größe der ausgesuchten Pflanzen spielten dabei nämlich eine große Rolle. Es bleibt Ihnen überlassen, tiefer in die Materie einzudringen, falls dieses Thema Ihre Neugierde geben haben sollte.
Dieser Webstuhl, auf welchem die berühmten roten Taschentücher aus Cholet gewebt werden, ist bei Besichtigungen des Textilmuseums in Betrieb.
Der Titel des Samplers
Die Titelschrift ist alter didaktischer Wandtafeln aus der Schule nachempfunden. Plantes tinctoriales bedeutet „Pflanzen zum Färben“. Das Adjektiv stammt aus dem Lateinischen tinctorius, das wiederum von tingere – anfeuchten-einweichen-durchtränken - abgeleitet wurde.
Sofern dies möglich ist, soll jedem Mustertuch aus dieser Kollektion eine andere Leinenfarbe zugewiesen werden. Für die Färberpflanzen habe ich die Leinenfarbe Alpenveilchen ausgesucht: Auf dem zarte Malventon kommen die unterschiedlichen Farben der ausgewählten Blumen gut zur Geltung. Die Vorlage ist quadratisch: 345 x 345 Stiche. Auf 12-fädigem Leinen über zwei Gewebefäden gestickt ist das Bild 57,5 x 57,5 cm groß. Um über ausreichend Stoffüberstand für die Montage zu verfügen, empfehle ich einen 70 x 70 cm großen Stoffzuschnitt.
Die Pflanzen auf dem Sampler
Färberkrapp
Färberkrapp - Rubia Tinctoria - ist seit der Antike bekannt und wurde z. B. von den Römern für ihre Wandmalereien in Pompeji und Vaison-la-Romaine verwendet. Mehrere Gegenden in Frankreich verdanken ihm ihre wirtschaftliche und landwirtschaftliche Entwicklung im 19. Jahrhundert. Im 18. Jahrhundert hatte der Chemiker Claude Berthollet festgestellt, dass die Färbung in alten, verschimmelten Laugen besser als in frischen hergestellten Bädern gelang. Damals war die positive Wirkung von Bakterien noch nicht bekannt. Die unnachahmlichen roten Farbtöne liefert die dicke Wurzel der Pflanze nach dem Trocken. Von den Stickerinnen wohlbekannt und geschätzt ist das Elsässer Rot. Neben der Gegend Vaucluse (Südfrankreich) war das Elsass ein wichtiges Zentrum für den Anbau von Krapp.
Färberwaid
Pastel oder Färberwaid - Isatis Tinctoria - wurde bereits vor vielen Jahrhunderten in England, Deutschland und Frankreich als Färberpflanze kultiviert. Neben der Normandie war in Frankreich das Dreieck Albi-Carcassonne-Toulouse im Südwesten des Landes im 18. Jahrhundert ein einflussreiches Produktionszentrum. Für den Transport und den Export wurden die Waidblätter zu faustgroßen Kugeln zusammengepresst. Diese sogenannte coquagnes brachten ihren Herstellern große Reichtümer. Aus dieser Zeit rührt der Ausdruck Pays de cocagne - z. D. Schlaraffenland -, für eine Gegend, wo es sich gut leben lässt. Im 19. Jahrhundert wurde Färberwaid von dem Indigostrauch aus dem Orient verdrängt. In letzter Zeit erregt diese Pflanze zunehmend wissenschaftliches Interesse.
Indigostrauch
Seit Urzeiten wird die Indigopflanze als Färberpflanze genutzt. Ihre Herkunft ist zwar unbestimmt, ihr botanischer Name Indigofera tinctoria allerdings liefert einen kleinen Hinweis: Indigofera bedeutet aus Indien stammend. Die Römer importierten sie in Form von brotförmig verdichteter Stärke. Damals war sie fast ausschließlich untern Malern bekannt und von ihnen verwendet. Erst um 1600 wurde die Indigopflanze in Italien, Frankreich und England von Färbern genutzt. Da sie aber in Konkurrenz mit dem Färberwaid stand, genoss sie einen schlechten Ruf. Für zahlreiche Färbungen ist ein Gärungsprozess erforderlich. Die Gärung der blauen Lauge wurde mit Zugabe von Urin erreicht. Diese Methode wurde noch vor wenigen Jahren in Skandinavien angewandt.
Färbermeier
Der lateinische Name des Färbermeiers - Asperula - weist auf eine seiner Eigenschaften hin: Er ist rauh (asper) und bleibt an Kleidung und Tierhaaren haften. Asperula Tinctoria findet man in den Alpen, der Franche-Comté und in den Bergen der Provence. Der Färbermeier gehört zur Familie der Rötegewächse, Rubiaceae. Aus seinen Stängeln und Wurzeln gewinnt man den roten Farbstoff. Seine Blüten sind allerdings weiß. In manchen Sprachen ist die gewöhnliche Bezeichnung für Färberkrapp und Färbermeier gleich, da aus beiden die Farbe Rot gewonnen wird.
Tagetes
Die Tagetes - Tagetes Patula, auch Studentenblume oder türkische Nelke genannt -, stammt aus Südamerika, oder - aus der Sicht von Christoph Kolumbus - aus Indien. Im 16. Jahrhundert kam sie nach Europa. Französische Gärtner züchteten zahlreiche Sorten, daher auch der englische Name French marigold. Sehr leicht zu ziehen und manchmal sogar essbar ist die Tagetes auch noch eine hervorragende Färberpflanze zur Gewinnung von Gelbtönen mit orangenen, manchmal rostfarbenen Nuancen. Die Tagetes kann sogar zur Färbung verwendet werden, wenn der Prozess des Welkens schon eingesetzt hat.
Wau oder Färber-Resede
Der Wau, auch Färber-Resede genannt, gehört zu den ältesten Färberpflanzen. Ursprünglich in Westasien und im Mittelmeerraum beheimatet fand er in Frankreich, Großbritannien und Deutschland weite Verbreitung. Sein Name soll aus dem germanischen Wort walda stammen. Daraus wurde gauda auf Katalanisch, gaude auf Französisch und weld auf Englisch. Botanisch heißt er Reseda Luteola, z. D. Gelbe Resede (Gelb- oder Gilbkraut). Die oberirdischen Pflanzenteile, vor allem die oberen blühenden Äste, sind reich an den gelben Farbstoffen Luteolin und Apigenin. Luteolin wurde zum ersten Mal von dem französischen Chemiker Michel-Eugène Chevreul (1786-1889) isoliert.